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Industrie

Geschichte der Industrie von Bühler

Fassade Tisca Tiara mit Werbebanner

Bühler blickt auf eine lange textile Tradition zurück. Die Leinwandindustrie wurde durch die engen Beziehungen der Städte Konstanz und St. Gallen schon im 12. Jahrhundert nach St. Gallen gebracht. Um 1550 wurde die Leinenweberei auch für die Bauern aus dem Rotbachtal zum willkommenen Nebenverdienst. Die Rohprodukte Hanf und Leinen bezogen sie aus dem Rheintal und aus Schwaben. Sie verstanden, sich mit ihren Produkten in Spinnerei und Weberei einen guten Namen zu schaffen und konnten neben dem Leinwandzentrum St. Gallen mit Erfolg bestehen.

Vom Bauernbub zum Fabrikant
Peter Bion, ein 1717 eingebürgerter Glaubensflüchtling, brachte die Mousseline- Industrie nach St. Gallen und die Appenzeller Leinenweber stellten sich gegen Mitte des 18. Jahrhunderts mit Geschick auf die feine Mousseline-Weberei um. Als erster eigentlicher Fabrikant in Bühler ist Rudolf Binder (1747-1815) zu nennen. Der Bauernbub der seine gewebten „Stückli“ selber nach St. Gallen zum Verkauf trug, beschäftigte schliesslich 200 Weber.

Eroberung Amerika
An geschäftlichem Erfolg wurde er von seinem Nachfolger Joh. Ulrich Sutter noch übertroffen, der mit feinsten Webereien 500 Weber und Hilfskräfte beschäftigte. Die Unternehmer nutzten die Wasserkraft vom Rotbach, an dessen Lauf Spinnereien, Appreturen, Färbereien und Druckereien eingerichtet wurden.

Napoleons Kriegszüge und die daraus entstandenen Wirren stellten all den Unternehmermut in Frage, den Bühlerer Fabrikanten gelang es, Napoleons Kontinentalsperre (1809-1812) zu umgehen und für das gelähmte Europa das junge Amerika als Absatzgebiet zu erschliessen.

Aufbruchstimmung
Mit der politischen Neuordnung Europas nach 1814 begann für Bühler ein glückhafter wirtschaftlicher Aufstieg. Die Fabrikation von kunstvoller Seidenstickerei auf feinste Mousselineweberei in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte den Bühlerer Fabrikanten an Ausstellungen in Europa und in Übersee viel Anerkennung. Die Handstickerei wurde durch die Erfindung der Handstickmaschine abgelöst, sodass in dieser Phase auch das Unternehmergeschlecht Fisch genannt werden muss.

Nur wenige Handsticker hatten ihren Wohnsitz in Bühler, auch die Arbeiten für Zeichner, Zwirner, für Modellstecher und Drucker wurden auswärts bis nach Vorarlberg und Württemberg vergeben.

1829 wird die Zahl der beschäftigten Weber mit 650 angegeben, nur 236 hatten ihren Wohnsitz (meistens auch ihren Arbeitsort) in Bühler. Dieser gewaltige Aufschwung der Handstickerei musste auch zur Überproduktionskrise führen. Zudem machte die Technisierung weiter Fortschritte. 1864 war die Entwicklung des Stickautomaten beendet.

Abraham Preisig Sutter stellte 1886 in einem Anbau an der alten Spinnfabrik am Bach (heute Fabrikareal Eschler) die ersten vier Schifflistickmaschinen auf. Diese neue Industrie hatte ihren Höhepunkt zwischen 1905-07.

Aufschwung nach dem 2. Weltkrieg
Schon vor dem 1. Weltkrieg war ein starker Rückgang zu verzeichnen und 1923 lag die stolze Industrie zerstört am Boden, die neu erbauten Fabriksäle standen leer. Mit viel Mühe versuchte sich die Weberei noch über Wasser zu halten, man wandte sich wieder dem alten Erwerbszweig zu, aber auch hier war der Niedergang nicht abzuwenden.
Doch gelang durch zwei Unternehmerpersönlichkeiten wieder ein glücklicher Neubeginn in die Hochkonjunktur nach dem 2. Weltkrieg.

Der Gründer der Trikotfabrik Eschler, Herr Christian Eschler brachte 1935 seine 1927 in Bruggen gegründete Rundstuhlwirkerei in die schönen, 1912-13 erstellten Gebäude der ehemaligen Stickfabrik Wirth-Preisig. In gesund gewachsener Entwicklung zeigt sich das Unternehmen auch in der Führung der 3. Generation innovativ und zukunftsorientiert. Bahnbrechende Entwicklungen für Sportswear-Hersteller öffneten neue Märkte in allen Sportarten. Die Firma Eschler musste leider im Jahre 2012 ihren Betrieb in Bühler einstellen.

Die andere grosse Unternehmer Persönlichkeit welche die leeren Fabrikhallen nach Krise und Weltkrieg mit Leben füllte war Anton Tischhauser-Eisenhut. 1943 zog er mit 12 mechanischen Webstühlen in Bühler ein. Mit der Aufnahme der Gewebeproduktion für Möbelstoffe und der mechanischen Teppichweberei hat sich das Unternehmen zu einem der bedeutendsten Betriebe der schweizerischen Heimtextilienindustrie entwickelt. Tisca / Tiara Erzeugnisse finden sich weltweit in Hotels, Verwaltungsgebäuden, Verkehrsmitteln und Privathäusern.

Gesunde Mischung
Nebst diesem international bekannten Unternehmen freut sich die Gemeinde an einem leistungsstarken Gewerbe, als nicht textile Betriebe zählt Bühler lebhafte Unternehmen in der Branche Büro- und Kücheneinrichtungen, Garagebetriebe, Firmen der Elektrik- Multimedia und Internetbranche.

Eine gesunde Landwirtschaft mit aufgeschlossenen Bäuerinnen und Bauern gibt dem Gemeindeleben einen wohltuenden grünen Rahmen, der dem friedlich eingebetteten Dorf mit seinen zahlreichen Wanderungen auch dem Feriengast Erholung bietet.

Gute Gastronomie, Familienfreundlichkeit und sehr gute Verkehrsanbindungen in Stadtnähe machen aus dem erfolgreichen „sanften Industriestandort“ auch einen reizvollen Ferienaufenthalt. Wo eine praktisch nebelfreie, sonnige Lage erholungssuchende Feriengäste und Wanderer erfreut, darf die Gemeinde auch mit Stolz Neuzuzügern eine befreiende Wohnqualität zusichern.

Ernst Bänziger
Mai 2004 / Update August 2014 (RF)

Weitere Informationen zur Industrie finden Sie unter:

Industrie- und Handelskammer St. Gallen-Appenzell